Sonntagszeitungen und Magazine

Diskrepanz zwischen Publikumswahrnehmung und Qualität der Berichterstattung

Die Wochenzeitung WOZ und die NZZ am Sonntag stehen erneut an der Spitze der Vergleichsgruppe. Insgesamt verzeichnen die Sonntagszeitungen und Magazine nach einem deutlichen Qualitätssprung in der letzten MQR-Ausgabe nun wieder einen leichten Rückgang. Trotzdem bleibt die Qualität weiterhin hoch. Allerdings wird eine wachsende Diskrepanz zwischen den beiden Messmethoden deutlich: Die Inhaltsanalyse, die die Berichterstattungsqualität bewertet, und die Befragung, die die Qualitätswahrnehmung aus Sicht des Publikums erfasst, kommen zunehmend zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Berichterstattungsqualität und Qualitätswahrnehmung des Publikums

Die Grafik zeigt für die Analyse der Berichterstattungs-qualität (x-Achse) und die Analyse der Qualitätswahr-nehmung (y-Achse), ob ein Medientitel im Vergleich mit der Gruppe unterdurchschnittliche (–1), durchschnittliche (0) oder überdurchschnittliche (+1) Qualitätswerte erzielt.

Bei Medienmarken, die sich in der Diagonale positionieren, kommen beide Messverfahren zu analogen Befunden. Bei Medienmarken ausserhalb der Diagonale weichen die Ergebnisse der Inhaltsanalyse und der Befragung voneinander ab. Punkte oberhalb der Diagonale bedeuten, dass die Medienmarken vom befragten Publikum besser bewertet werden. Liegt ein Medientitel unterhalb der Diagonale, schneidet er in der Inhaltsanalyse besser ab.

Lesebeispiel: Im Segment der Sonntagszeitungen und Magazine schneidet sowohl in der Inhaltsanalyse als auch Befragung die Wochenzeitung WOZ am besten ab.

Die WOZ erreicht den höchsten Gesamtscore und steht damit an der Spitze der gesamten Gruppe, dicht gefolgt von der NZZ am Sonntag. Die WOZ kann besonders durch eine einordnende Berichterstattung überzeugen. Nur das SRF Flaggschiff Echo der Zeit bietet eine höhere Einordnungsleistung.

Insgesamt verlieren jedoch alle Titel der Gruppe im Vergleich zu 2022 leicht an Qualität. Diese Qualitätsverluste sind hauptsächlich auf Rückgänge in der Berichterstattungsqualität zurückzuführen, die zwischen –0,7 bei der WOZ und –7,6 Punkten bei Le Matin Dimanche liegen. Im Gegensatz dazu zeigen die Befragungsdaten ein anderes Bild: Fünf der sieben analysierten Sonntagszeitungen und Magazine verzeichnen in der Wahrnehmung des Publikums sogar eine Qualitätssteigerung. Besonders auffällig ist die Entwicklung bei Le Matin Dimanche: Die Sonntagszeitung aus Lausanne verliert gegenüber 2022 in der Berichterstattungsqualität 7,6 Punkte, gewinnt jedoch in der Wahrnehmung des Publikums 5,3 Punkte an Qualität hinzu.

Diese wachsende Diskrepanz ist kein methodisches Problem. Die Pearson-Korrelation liegt bei 0,91 und zeigt einen sehr starken Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der beiden Methoden. Das bedeutet, dass Medien mit schwächerer Berichterstattungsqualität in der Befragung ebenfalls schlechter abschneiden – und umgekehrt. Allerdings haben sich die Befragungsergebnisse wie in einem «Fahrstuhl» nach oben verschoben (siehe Abbildung).

Die Ursachen für diesen «Fahrstuhl-Effekt» lassen sich wie folgt skizzieren: Eine mögliche Erklärung ist, dass Sonntagszeitungen und Magazine – wie der SonntagsBlick – unzufriedene Leserinnen und Leser verloren haben, während ein treueres und loyaleres Publikum geblieben ist. Zusätzlich könnten polarisierende Medien wie die Weltwoche und die WOZ gezielt ihre Kernleserschaft ansprechen und deren Erwartungen erfüllen. Weniger Vergleichsmöglichkeiten, selektive Wahrnehmung und veränderte Nutzungsmuster, etwa durch kürzere Formate, könnten ebenfalls zu einer höheren Qualitätswahrnehmung beitragen, selbst wenn die Berichterstattungsqualität objektiv abgenommen hat.