Demokratietheoretisch fundierter Qualitätsbegriff
Qualitätsverständnis
Das Medienqualitätsrating (MQR) analysiert und bewertet die Qualität reichweitenstarker Informationsmedien aus der Deutschschweiz und der Suisse romande. In der Ausgabe 2024 wurden 42 Medienmarken und Sendungen aus den Bereichen Presse, Radio, Fernsehen und Online berücksichtigt. Dies mag weniger Titel erscheinen lassen als in den vorherigen Ausgaben, da Print- und Onlineausgaben nun zusammengefasst werden. Für Detailanalysen bleibt jedoch weiterhin eine separate Auswertung nach Kanälen möglich. Das Ziel des MQR ist es nach wie vor, eine Rangliste der qualitativ hochwertigsten Informationsmedien in der Schweiz zu erstellen und die Entwicklung der Medienqualität im Land abzubilden.
Im Qualitätsrating werden ausschliesslich General-Interest-Medien einbezogen, d.h. Medienmarken und Sendungen, die zumindest wöchentlich über ein breites, universelles Themenspektrum unter Einschluss von Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft berichten. Dieses Rating erfolgt je gesondert für vier Mediengruppen mit einer vergleichbaren publizistischen Ausrichtung:
Diesem Projekt liegt ein demokratietheoretisch begründeter Qualitätsbegriff zugrunde. Demzufolge bemessen wir Medienqualität daran, wie gut Informationsmedien den demokratischen Leistungsfunktionen öffentlicher Kommunikation dienen (siehe Bachmann, Eisenegger, & Ingenhoff, 2021; siehe ebenfalls Hagen, 2015; McQuail, 1992; Schatz & Schulz, 1992). Es werden drei zentrale Leistungsfunktionen öffentlicher Kommunikation postuliert, die an folgenden Leitfragen festgemacht werden können:
Integrationsfunktion:
Berichten die Medien ausreichend über das für das demokratische Gemeinwesen allgemein Relevante, anstatt sich auf partikulare oder private Themen zu konzentrieren? Vermeiden sie ausgrenzende oder abwertende moralisch-emotionale Zuspitzungen und Polemik? Fördern sie einen Diskursstil, der die Verständigung zwischen verschiedenen Gruppierungen und gesellschaftlichen Kräften unterstützt?
Kontrollfunktion:
Überwachen die Informationsmedien die rechtsstaatlichen Institutionen sowie die gesellschaftlichen Machtträger auf der Grundlage fundierter Recherche und solider Begründung? Agieren sie unabhängig von staatlichem und wirtschaftlichem Einfluss? Befolgen sie in ihrer kritischen Berichterstattung die Grundsätze des professionellen Journalismus, indem sie beispielsweise Nachrichten von Meinungen trennen und ihre Quellen transparent offenlegen?
Forumsfunktion:
Bieten die Informationsmedien allen gesellschaftlichen Akteuren mit ihren Meinungen ein Forum? Vermeiden sie Einseitigkeit? Spiegelt die Berichterstattung die gesellschaftliche Vielfalt ausreichend wider, sowohl in Bezug auf die behandelten Themen als auch auf die vertretenen Perspektiven und Meinungen?
Dieses demokratietheoretische Qualitätsverständnis ist institutionell breit abgestützt: Es findet sich in den gesetzlichen Anforderungen an den öffentlichen und privaten Rundfunk mit Leistungsauftrag, in den Leitbildern des professionellen Journalismus, in journalistischen Leitlinien, in den Satzungen von Presse- und Medienräten und in sozialwissenschaftlichen Qualitätsanalysen. Auch ist dieses Qualitätsverständnis gesellschaftlich fest verankert: Es bildet – wie mit diesem wissenschaftlichen Bericht erneut belegt werden kann – den Massstab, anhand dessen das Publikum die Qualität des Journalismus bewertet.
Die Qualität der Medien wird auf der Grundlage von vier Qualitätsdimensionen operationalisiert, d.h. für die empirische Sozialforschung messbar gemacht:
- Relevanz, d.h. Fokussierung auf gesellschaftlich relevante Themen, Verhältnis von Hardnews und Softnews, Einfluss auf die politische Meinungsbildung.
- Vielfalt der Themen, Perspektiven und Meinungen.
- Professionalität in Form von Sachlichkeit, Quellentransparenz und Eigenleistung.
- Einordnungsleistung, d.h. die Vermittlung von Hintergrundwissen, das Aufzeigen von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen, fundierte journalistische Recherche sowie Interpretations- und Orientierungsangebote zu aktuellen Ereignissen.