Erläuterungen zur Inhaltsanalyse

Die Berichterstattungsqualität der Medienmarken und Sendungen aus der Deutschschweiz und der Suisse romande wird mit einer Inhaltsanalyse gemessen. Hierzu werden ganze Publikationsausgaben einer Sendung oder Medienmarke auf der Grundlage einer repräsentativen, über das ganze Untersuchungsjahr verteilten Stichprobe untersucht.

Verantwortlich für dieses Modul ist das fög – Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (Dr. Daniel Vogler, Prof. Dr. Mark Eisenegger, Jörg Schneider und Team). Die Qualitätsmessung erfolgt anhand der Qualitätsdimensionen Relevanz, Einordnungsleistung, Professionalität und Vielfalt. Diese Dimensionen leiten sich aus den Leistungsfunktionen öffentlicher Kommunikation ab. Sie sind ebenso für die Leitbilder und Verhaltenskodizes der journalistischen Praxis massgeblich (vgl. Abschnitt zum Qualitätsverständnis).

Die Berichterstattungsqualität wird durch eine Inhaltsanalyse der untersuchten Medienmarken und Sendungen gemessen. Dazu wird aus der Grundgesamtheit der  Beiträge (Gesamtausgaben bei Printtiteln, Gesamtangebot bei Newssites, Nachrichtensendungen beim Rundfunk) eine repräsentative Stichprobe gezogen (siehe Grundgesamtheit und Stichprobe).

Die ausgewählten Beiträge werden von geschulten Codiererinnen und Codierern nach wissenschaftlich abgeleiteten Konventionen codiert und durch automatisierte Verfahren unterstützt. Diese Codierung wird durch einen Qualitätssicherungsprozess begleitet, so dass eine transparente und intersubjektiv nachvollziehbare Vergabe der Codes gewährleistet ist (siehe Sicherung der Codierungsqualität). Anhand eines Scorings der Codes lässt sich die Qualität der einzelnen Beiträge und der gesamten Berichterstattung eines Medientitels quantifizieren. Dazu werden die einzelnen Indikatoren zu vier Qualitätsdimensionen verrechnet, die dann als Endergebnis den Gesamtscores für die Berichterstattungsqualität der Medienangebote ergeben (siehe Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und Berechnung des Gesamtscores Qualität).

Grundgesamtheit und Stichprobe

Gegenstand der Inhaltsanalyse ist die gesamte Berichterstattung von 42 Medienmarken und Sendungen in der Deutschschweiz und der Suisse romande im Jahr 2023. Als Untersuchungseinheiten sind alle Beiträge der Gesamtausgabe bei Printtiteln, alle Beiträge der Newssites und die Beiträge der Nachrichtensendungen bei den Rundfunktiteln definiert. Aus dieser Grundgesamtheit der Beiträge wird pro Medientitel eine Stichprobe gezogen, die für das gesamte Untersuchungsjahr 2023 repräsentativ ist.

Die Stichprobentage werden in Form künstlicher Wochen ausgewählt, so dass die Stichprobe alle publikationsrelevanten Wochentage umfasst, diese jedoch über das gesamte Jahr zufällig verteilt sind. Die Stichprobengrösse zielt darauf ab, für die einzelnen Medientitel eine Fehlertoleranz von rund 5% bei einem Vertrauensniveau von 95% nicht zu überschreiten. Darüber hinaus werden Titel, die innerhalb einer Mediengruppe verglichen werden, an denselben Stichprobentagen erhoben. Für einzelne Medientitel werden zusätzliche Stichprobentage erhoben, damit die nötige Anzahl von Beiträgen, die zur Einhaltung der angestrebten Fehlertoleranz erforderlich ist, erreicht wird.

Sicherung der Codierqualität

Die Codierung der Medienbeiträge wird von rund fünf erfahrenen studentischen Mitarbeitenden geleistet, die in der Regel in einem 40%-Pensum arbeiten und mindestens ein Jahr Erfahrung mit inhaltsanalytischer Codierungsarbeit haben. Um die Codierung auf einem hohen Niveau gewährleisten zu können, wird ein mehrstufiger Qualitätssicherungsprozess eingehalten.

  • Die Grundlage der Qualitätscodierung ist ein ausführliches Codebuch. Im Codebuch werden die wissenschaftlich abgeleiteten Konventionen festgelegt; es stellt das Regelwerk für die Arbeit der Codiererinnen und Codierer. Anhand dieses Codebuchs wird neues Codierungspersonal geschult.
  • Im Wochenrhythmus werden zweistündige Sitzungen abgehalten, in denen die Codiererinnen und Codierer mit der Projektleitung offene Fragen und Problemfälle anhand von Beispielen besprechen.
  • In regelmässigen Abständen finden Intersubjektivierungstests statt, bei denen jeweils mehrere Codiererinnen und Codierer denselben Beitrag codieren. Auf der Basis dieser Tests werden Codierprobleme identifiziert und die Genauigkeit der Codierungen überprüft. Gegebenenfalls werden daraufhin die bestehenden Codierungen überprüft und Beiträge umcodiert.
  • Nach dem Abschluss der Codierungen erfolgt eine systematische Datenkontrolle anhand statistischer Auswertungen der Codeverteilungen der verschiedenen Codiererinnen und Codierer. Zusätzlich werden die Codierungen von identischen oder ähnlichen Beiträgen, die mittels automatisierten Textvergleichen ermittelt wurden, abgeglichen. Gegebenenfalls werden daraufhin die bestehenden Codierungen überprüft und Beiträge umcodiert. Erst dann werden die finalen Daten für die Datenauswertung und die weiterführenden Analysen freigegeben.

Siehe auch die wissenschaftliche Fachpublikation:

Bachmann, P., Eisenegger, M., & Ingenhoff, D. (2022). Defining and Measuring News Media Quality: Comparing the Content Perspective and the Audience Perspective. The International Journal of Press/Politics27(1), 9-37.

Indikatoren auf Beitragsebene: Relevanz, Einordnungsleistung und Professionalität

 

Indikatoren für Relevanz

Die Qualitätsdimension Relevanz gründet auf der Prämisse, dass in der öffentlichen Kommunikation das Allgemeine gegenüber dem Partikulären und das Gesellschaftliche gegenüber dem Privaten Vorrang haben. Als Indikatoren, welche die Relevanz der Berichterstattung operationalisieren, werden Beitragsrelevanz und Akteursrelevanz eines Beitrags geprüft.

  • Beitragsrelevanz ist gegeben, wenn über die für das Allgemeinwesen wichtigen Gesellschaftsbereiche Politik, Wirtschaft und Kultur (inklusive Kunst, Medien, Religion, Wissenschaft) berichtet wird. Innerhalb dieser Hardnews-Kategorien wird Politik etwas höher gewichtet, weil die politische Öffentlichkeit die zentralen Forums-, Integrations- und Kontrollleistungen für die demokratische Selbststeuerung erbringt. Sport und Human Interest können ebenfalls relevant sein, falls sie im Hinblick auf die Integrationsfunktion einen Beitrag leisten. Schwerpunktmässig befassen sich diese Softnews-Kategorien aber mit für das demokratische Gemeinwesen weniger relevanten, lebensweltlichen und partikulären Aspekten.
  •  Akteursrelevanz erfasst, auf welcher der drei Sozialebenen – Makro (Gesellschaft, Gesellschaftssphären und institutionelle Zusammenhänge), Meso (Organisationen, Institutionen) oder Mikro (Personen) – das Geschehen im Beitrag hauptsächlich thematisiert wird. Die höchste Relevanz ist auf der Makroebene gegeben. Sie liegt vor, wenn ein Beitrag auf die gesamte Bevölkerung und ganze geografische Körperschaften («Schweiz», «Zürich» usw.), auf ganze Handlungssysteme («die Schweizer Wirtschaft», «die internationale Politik» usw.) oder auf das Abstraktum aller in gleicher Weise Handelnden (z.B. «alle Bahnfahrer» usw.), auf Merkmalsträger («Alte», «Männer» usw.) oder auf Funktionsträger in ihrer Gesamtheit («Manager», «Politiker» usw.) rekurriert. Werden als zentrale Akteure Institutionen (z.B. «Finanzplatz Schweiz») oder Organisationen (z.B. Unternehmen oder Parteien) thematisiert, wird die Mesoebene fokussiert. Steht schliesslich das Handeln von einzelnen Personen im Mittelpunkt des Beitrags, wird die Mikroebene angesprochen. Auf der Mikroebene können Personen rollennah, d.h. in ihren funktionalen Rollen, dargestellt werden (z.B. «Bundesrätin Simonetta Sommaruga bringt Reform zu Fall»), anonym (z.B. «drei junge Männer verunfallten gestern auf der A 1») oder in rollenfernen, privaten Kontexten (z.B. eine Homestory über einen Prominenten). Während bei einer rollennahen Personalisierung eine vergleichsweise gute Qualität vorliegt, weil gemäss dieser Akteursperspektive Personen als Repräsentanten übergeordneter Einheiten dargestellt werden und somit Relevanz gegeben ist, besitzen rollenferne Thematisierungen die geringste Qualität

 

 

Indikatoren für Einordnungsleistung

Die Forums-, die Kontroll- sowie die Integrationsfunktion öffentlicher Kommunikation können nur dann erfüllt werden, wenn Informationsmedien nicht nur zeitnah berichten, sondern auch Hintergrundinformationen zu Ereignissen liefern. Die Qualitätsdimension Einordnungsleistung leitet sich aus dem Anspruch ab, dass Medien über die reine Vermeldung aktueller Ereignisse hinaus eine Einordnung der Geschehnisse leisten. Diese Einordnung bezieht sich einerseits auf

die Einbettung aktueller Ereignisse in längerfristige Entwicklungen und thematische Zusammenhänge. Andererseits stellt die Aufdeckung von Interessen, Interpretationen und Strategien, die Vermittlung von Meinungen und Positionen eine Qualität dar, wenn damit die Handlungsweisen beteiligter Akteure transparent, nachvollziehbar und kritisierbar werden. Als Indikatoren, die in diesem Verständnis die Einordnungsleistung eines Beitrags erfassen, dienen Themenorientierung und Interpretationsleistung.

  • Themenorientierung erfasst, inwieweit ein Beitrag eine thematische Einordnung der berichteten Geschehnisse vornimmt. Dabei wird davon ausgegangen, dass gerade angesichts des schnellen Nachrichtenflusses im heutigen Informationsjournalismus die einordnende Berichterstattung eine entscheidende Qualität darstellt. Hohe Qualität kann bescheinigt werden, wenn Zusammenhänge umfassend dargestellt und erklärt oder aktuelle Problemlagen aufgezeigt bzw. enthüllt werden (thematisch). Von niedrigerer Qualität sind Beiträge, die nur die aktuellen Ereignisse vermelden und keine Einordnung in thematische Kontexte vornehmen (episodisch).
  • Interpretationsleistung setzt am Beitragsformat an und erfasst das Potenzial, das ein Beitrag für die Vermittlung von Interpretationen, Meinungen und Positionen bietet. Bei Portraits und Reportagen liegt der Fokus auf der interpretativen Darstellung und der verstehenden Analyse. In meinungsbetonten Formaten wie Kommentaren, Interviews oder Blogs werden subjektive Sichtweisen dargelegt und begründet. Beide Formen bieten die Möglichkeit, diese Sichtweisen nachzuvollziehen, und unterstützen den Meinungsbildungsprozess. Ebenso ordnen redaktionelle Berichte Ereignisse und Sachverhalte interpretativ ein, indem sie nicht nur über Tatsachen berichten, sondern unterschiedliche und kontroverse Standpunkte darstellen und damit verständlich machen. Diesen Beitragsformaten kann daher hohe Qualität im Sinne einer Interpretationsleistung bescheinigt werden. Geringe Interpretationsleistungen des Medientitels liegen hingegen dann vor, wenn der Beitrag vor allem redaktionell bearbeitetes Fremdmaterial enthält oder gänzlich aus zugelieferten Inhalten besteht (z.B. Agenturberichte oder PR-Mitteilungen).

Die Qualitätsdimension Professionalität wird als notwendige Voraussetzung zur Erfüllung der theoretisch begründeten Leistungsfunktionen öffentlicher Kommunikation verstanden und gründet im Selbstverständnis der journalistischen Profession. Als Indikatoren, an denen die Professionalität der Berichterstattung inhaltsanalytisch bemessen wird, dienen Sachlichkeit, Quellentransparenz und Eigenleistung.

  • Sachlichkeit erfasst den dominierenden Argumentationsstil eines Beitrags. Ein Beitrag kann rational argumentierend verfasst sein (kognitiv-normativ): Geschehnisse werden differenziert dargestellt und problematisiert, Schlussfolgerungen werden abgeleitet, Pro- und Kontra-Positionen werden abgewogen und Forderungen sowie Kritik werden begründet. Den Gegensatz bilden Beiträge, die gefühlsbetont, appellierend oder gar polemisch verfasst sind (moralisch-emotional): Stimmungslagen werden wiedergegeben, subjektive Äusserungen von Individuen stehen im Zentrum und Emotionen werden ausgelöst, ohne Argumente abzuwägen oder zu vermitteln. Der kognitiv-normative Argumentationsstil gewährleistet Sachlichkeit und ist die Voraussetzung für eine demokratische Verständigung, d.h. für die Norm, dass der «zwanglose Zwang des besseren Arguments» (Habermas) gelten kann. Anschlusskommunikationen werden ermöglicht und im Meinungsstreit wird dem besseren Argument Geltung verschafft. Der moralisch-emotionale Argumentationsstil ist dagegen von minderer Qualität. Auch wenn anzuerkennen ist, dass Emotionen bei der Mobilisierung von Öffentlichkeit eine wichtige Rolle spielen, wiegt der Befund schwerer, dass Subjektivität und moralische Zuschreibungen die Chancen auf gegenseitiges Lernen und auf Anschlusskommunikationen reduzieren. Die rational begründete Verständigung, die auf die öffentliche Kommunikation ausgerichtet sein sollte, wird erschwert.
  • Quellentransparenz rekurriert auf das professionelle Gebot zur Offenlegung der Autorenschaft und der Quellen, die für einen Beitrag verwendet wurden. Damit ist nicht der Verrat von Informanten im investigativen Journalismus gemeint, sondern die Dokumentation der verwendeten Vorlagen. Quellentransparenz ist gegeben, wenn der Beitrag gezeichnet ist, sei es mit vollem Autorennamen, Kürzel, Redaktions- oder Agenturverweis; Quellentransparenz ist nicht gegeben, wenn die Zeichnung fehlt.
  • Eigenleistung codiert die Urheberschaft des Beitrags. Dabei gibt es eine bessere Bewertung für Eigenleistung als für Agenturmeldungen. Texte von Gastautorinnen und Gastautoren oder externen Expertinnen und Experten sowie Beiträge, die in titelübergreifenden Redaktionskooperationen entstehen, erhalten mittlere Qualitätswerte. Qualität wird einem Medientitel zugeschrieben, wenn die journalistische Leistung tatsächlich in der Redaktion erbracht wird und diese somit professionelle Leistungsfähigkeit beweist. Eigenleistung verweist daher auf die journalistische Kompetenz, die aus differenzierten Ressorts resultiert, in denen sich Expertise zu Sachthemen über einen längeren Zeitraum herausbilden kann.

Den Kategorien der Indikatoren werden Scorepunkte zugeordnet, um die qualitativen Codes quantitativ zu raten. Diese Scorepunkte sind die Grundlage für die Bildung der Scores, welche die Qualitätsdimensionen messen. Die Beitragslänge wird anhand der Zeichenanzahl bei Print- und Onlinemedien und der Länge in Sekunden bei Radio- und Fernsehsendungen erfasst. Zur Vergleichbarkeit von schriftlichen Presse- und Onlinetexten mit Rundfunkbeiträgen wird eine Umrechnung zugrunde gelegt, wonach 20 Zeichen einer Sekunde entsprechen. Die Beitragslänge bildet keinen eigenständigen Qualitätsindikator. Vielmehr wird sie als Gewichtungsfaktor verwendet. Eine Reportage oder ein Leitartikel mit 5000 Zeichen zahlen somit stärker auf das Qualitätskonto eines Medientitels ein als eine Kurzmeldung mit 500 Zeichen. Ausführliche Beiträge in guter Qualität schlagen damit ebenso wie ausführliche Beiträge in schlechter Qualität stärker zu Buche als kürzere Beiträge.

  • Beitragsrelevanz
    Politik: 100
    Wirtschaft: 90
    Kultur (inklusive Kunst, Medien, Religion, Wissenschaft): 90
    Sport: 40
    Human Interest: 30
  • Akteursrelevanz
    Makroebene: 100
    Mesoebene: 80
    Mikroebene – rollennah: 60
    Mikroebene – Restkategorie: 50
    Mikroebene – anonym: 30
    Mikroebene – rollenfern: 10
  • Themenorientierung
    Thematisch: 100
    Episodisch: 20
  • Interpretationsleistung
    Portrait, Reportage: 100
    Meinungsformat (Kommentar, Leitartikel, Rezension): 100
    Interview: 90
    Blog: 80
    redaktioneller Bericht: 80
    redaktionell bearbeitete Beiträge: 50
    zugelieferter Inhalt, Ticker: 10
  • Sachlichkeit
    kognitiv-normativer Stil: 100
    moralisch-emotionaler Stil: 20
  • Quellentransparenz
    Zeichnung des Beitrags: 100
    keine Zeichnung des Beitrags: 10
  • Eigenleistung
    Redaktion – Korrespondent: 100
    Redaktion – Mitglied: 90
    Gastautor, Experte: 70
    Redaktionskooperation: 50
    Agentur / Redaktion, Agentur / Kooperation: 30
    Agentur, Pressedienst, Lizenzierung: 10
Zeichen Sekunden Gewichtungsfaktor
bis 399 bis 19 1
400–799 20–39 2
800–1199 40–59 3
1200–1799 60–89 4
1800–2399 90–119 5
2400–2999 120–149 6
3000–3599 150–179 7
3600–4199 180–209 8
4200–4799 210–239 9
4800 und mehr 240 und mehr 10

 

Berechnung der Qualitätsdimensionen auf Beitragsebene

Beispiel Relevanzscore: Eine schlechte Qualität in Bezug auf Akteursrelevanz lässt sich nicht durch eine sehr gute Qualität in Bezug auf Beitragsrelevanz ausgleichen bzw. «einmitteln». Ein Politikbeitrag («Politik» – 100 Scorepunkte), der einen Politiker in einer privatisierenden Form rollenfern («Mikroebene – rollenfern» – 10 Scorepunkt) thematisiert, erhält einen sehr schlechten Relevanzscore von 1 (auf der Skala von 1 bis 100). Dies wird erreicht, indem der Relevanzscore als multiplikativer Index aus den beiden Indikatoren gebildet wird.

Im Unterschied dazu wird bei der Einordnungsleistung ein additiver Index verwendet, weil Themenorientierung und Interpretationsleistung sich ergänzende Qualitäten sind. Die Scores werden jeweils so transformiert, dass die Werte zwischen 0 und 100 liegen: Bei multiplikativen Indices erfolgt das mit einer Division durch 100, bei additiven Indices wird der Mittelwert berechnet.

Aus den in der Scoringtabelle ersichtlichen Scorepunkten für die einzelnen Indikatorenkategorien werden die Scores für die übergeordneten Qualitätsdimensionen berechnet. So erhält jeder Beitrag einen Score für Relevanz, Einordnungsleistung und Professionalität. Die Scores weisen eine hohe interne Konsistenz aus und sind gegeneinander gut abgegrenzt. Die Berechnung der Qualitätsscores erfolgt jeweils so, dass das Spektrum von 0 bis 100 reicht. 0 bedeutet dabei minimale Qualität und 100 bedeutet maximale Qualität.

  • Relevanz:                                Multiplikativer Index aus Beitragsrelevanz und Akteursrelevanz
  • Einordnungsleistung:          Additiver Index aus Themenorientierung (60% Gewicht) und Interpretationsleistung (40% Gewicht)
  • Professionalität:                   Multiplikativer Index aus Sachlichkeit und der gemittelten Summe von Quellentransparenz und Eigenleistung

Die Formeln für die Scoreberechnung reflektieren das Qualitätsverständnis im Zusammenspiel der einzelnen Indikatoren. Es ist daher nur begrenzt sinnvoll, einzelne Indikatoren für sich zu interpretieren. Erst in ihrer Kombination auf der Ebene der Qualitätsdimensionen sind sie als Messgrössen für Qualität valide und aussagekräftig.

Indikator auf Titelebene: Vielfalt

Die Qualitätsdimension Vielfalt leitet sich vom Anspruch auf die Universalität öffentlicher Kommunikation ab. Kein Thema, keine Meinung und kein Akteur sollen prinzipiell von der öffentlichen Kommunikation ausgeschlossen sein. Weder die Auswahl der allgemeinverbindlich zu lösenden Probleme (Forumsfunktion) noch die Kontrolle der Machtträger oder des Rechtsstaates in seinen drei Gewalten (Kontrollfunktion) noch die Integrationsfunktion wären ohne die Norm der Universalität öffentlicher Kommunikation gewährleistet. Deshalb ist eine vielfältige Berichterstattung ein unabdingbares Qualitätserfordernis.

Im Gegensatz zu den drei Qualitätsdimensionen Relevanz, Einordnungsleistung und Professionalität, die sich anhand von Codierungen auf Beitragsebene erfassen lassen, ist Vielfalt ein Verteilungsmass, das als aggregierte Grösse auf der Medientitelebene bestimmt wird. Vielfalt ist somit eine Qualität, die nicht in jedem einzelnen Beitrag aufscheint, sondern in der Gesamtheit der Beiträge eines Mediums. Als Indikatoren, an denen die Vielfalt bzw. Einseitigkeit eines Medientitels bemessen wird, dienen inhaltliche und geografische Vielfalt.

Die Qualitätsdimension Vielfalt leitet sich vom Anspruch auf die Universalität öffentlicher Kommunikation ab. Kein Thema, keine Meinung und kein Akteur sollen prinzipiell von der öffentlichen Kommunikation ausgeschlossen sein. Weder die Auswahl der allgemeinverbindlich zu lösenden Probleme (Forumsfunktion) noch die Kontrolle der Machtträger oder des Rechtsstaates in seinen drei Gewalten (Kontrollfunktion) noch die Integrationsfunktion wären ohne die Norm der Universalität öffentlicher Kommunikation gewährleistet. Deshalb ist eine vielfältige Berichterstattung ein unabdingbares Qualitätserfordernis.

Im Gegensatz zu den drei Qualitätsdimensionen Relevanz, Einordnungsleistung und Professionalität, die sich anhand von Codierungen auf Beitragsebene erfassen lassen, ist Vielfalt ein Verteilungsmass, das als aggregierte Grösse auf der Medientitelebene bestimmt wird. Vielfalt ist somit eine Qualität, die nicht in jedem einzelnen Beitrag aufscheint, sondern in der Gesamtheit der Beiträge eines Mediums. Als Indikatoren, an denen die Vielfalt bzw. Einseitigkeit eines Medientitels bemessen wird, dienen inhaltliche und geografische Vielfalt.

 

Inhaltliche Vielfalt greift auf bestimmte Codes der Beitragsebene zurück, indem Kategorienkombinationen aus den Gesellschaftssphären (der Beitragsrelevanz) und den Sozialebenen (der Akteursrelevanz) sowie die Unterscheidung episodischer und thematischer Berichterstattung (der Themenorientierung) gebildet werden.

Um die inhaltliche Vielfaltsqualität quantifizieren zu können, muss eine Referenzverteilung der Kategorienkombinationen bestimmt werden. Diese Verteilung der Kategorienkombinationen soll eine normativ zu begründende Idealverteilung abbilden, aber gleichzeitig auch eine empirisch-realistische Vorgabe sein, die General- Interest-Medien erreichen können. Ausgehend von der empirischen Realverteilung (aller 17’241 Beiträge) wird daher eine ausgeglichene Idealverteilung definiert.


Abbildung: Real- und Idealverteilung der Kategorienkombinationen inhaltlicher Vielfalt (Fläche entspricht dem Anteil)

Die Definition der Idealverteilung sieht ein ausgeglichenes Verhältnis der acht Kategorienkombinationen vor. Die Idealverteilung der Softnews-Kategorien Sport und Human Interest ist gegenüber der Realverteilung deutlich reduziert (39% zu 12.5%). Softnews bzw. Human Interest sind ein legitimes und bis zu einem gewissen Grad unverzichtbares Mittel, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen und zu binden. Sie sollen aber nicht überhandnehmen, damit die Leistungsfunktionen öffentlicher Kommunikation nicht leiden. Die Politikberichterstattung wird aufgrund ihrer Bedeutung für den gesellschaftlichen Diskurs in der Idealverteilung insgesamt stärker gewichtet (alle vier Politikkombinationen: 33% zu 50%), wobei die Berichterstattung auf der Makroebene (insgesamt 25%) zu gleichen Teilen auf aktuelle Meldungen und thematische Einordnungen verteilt ist. Die drei Kategorien der Wirtschaftsberichterstattung auf der Makroebene einerseits und der Meso- bzw. Mikroebene andererseits sowie der Kulturberichterstattung weisen in der Idealverteilung ebenfalls ausgeglichene Anteile von 12.5% auf.

Die Quantifizierung der Vielfalt erfolgt auf der Basis der Formel für den Shannon-Index, ein Vielfaltsmass, das sowohl in der Medienforschung verwendet wird als auch in anderen Disziplinen, beispielsweise in der Ökologie zur Messung der Biodiversität. Die inhaltliche Vielfalt berechnet sich demnach folgendermassen, wobei i die Anzahl der Kategorienkombinationen ist; in diesem Fall 8:

Für die ausgeglichene Idealverteilung ergibt sich ein Indexwert von 100, was maximale inhaltliche Vielfalt bedeutet. Ein Wert von 0 bedeutet minimale inhaltliche Vielfalt und käme zustande, wenn alle Beiträge eines Medientitels zu einer einzigen Kategorienkombination zählen würden. Die dargestellte Realverteilung hat einen Indexwert von 76.7. Dieser Wert lässt sich qualitativ als gute inhaltliche Vielfalt interpretieren: Alle Hardnews-Kombinationen werden – mehr oder weniger stark – abgedeckt; Abzüge resultieren aber aus dem Übergewicht der Softnews.

Geografische Vielfalt erfasst, inwieweit die Berichterstattung eines Medientitels verschiedene geografische Bezugsräume abdeckt. Dazu wird in der Codierung erhoben, auf welchen Raum bzw. welche Räume sich der Beitrag bezieht. Unterschieden werden dabei die Kategorien (1) lokal / regional, (2) Schweiz national / Schweiz bilateral mit dem Ausland, (3) Ausland, (4) multinational (Bezug auf mehrere Staaten, EU, UNO, usw.). Zur Bildung des Indexwertes für geografische Vielfalt wird die Kategorie (1) lokal / regional nicht verwendet, um die Vergleichbarkeit der verschiedenen Medientitel zu gewährleisten und Medientitel mit einer naturgemäss stark lokalen / regionalen Ausrichtung (z.B. Lokalzeitungen oder den Privatrundfunk) nicht zu bestrafen. Die geografische Vielfalt wird also lediglich für die Berichterstattungsmenge nach Abzug der Lokal- und Regionalberichterstattung errechnet.

Der Indikator geografische Vielfalt misst somit die Annäherung an die ausgeglichene Abdeckung der Bezugsräume Schweiz, Ausland und multinational. Verwendet wird wiederum die angepasste Formel für den Shannon-Index. Es zeigt sich, dass geografische Vielfalt bereits in der Realverteilung der 20931 Beiträge zu einem hohen Mass verwirklicht ist: 93.9, wobei 100 wiederum maximale geografische Vielfalt und 0 minimale geografische Vielfalt bzw. maximale Konzentration auf einen einzigen Bezugsraum bedeutet.

Die Qualitätsdimension Vielfalt ergibt sich als multiplikativer Index aus den Indikatoren inhaltliche und geografische Vielfalt.

Vielfalt:   Multiplikativer Index aus inhaltlicher Vielfalt und geografischer Vielfalt

Berechnung des Gesamtscores Qualität

Der Gesamtscore Qualität für einen Medientitel wird als additiver Index aus den drei auf Beitragsebene erhobenen und mit der Beitragslänge gewichteten Qualitätsscores Relevanz, Einordnungsleistung und Professionalität sowie dem vierten, auf Medientitelebene erhobenen, Qualitätsscore Vielfalt berechnet.