Impact-Score 2024
SRG-Angebote haben den grössten Impact
Qualitätsmedien sind unverzichtbar für die demokratische Meinungsbildung, doch sie entfalten ihre Wirkung nur, wenn sie auch genutzt und verstanden werden. Das Medienqualitätsrating erhebt deshalb den Impact-Score. Er misst die Einflussstärke von 42 Medienmarken und Sendungen aus der Deutschschweiz und der Romandie auf die Meinungs- und Willensbildung des Publikums. Der Fokus liegt auf der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung. Der Impact-Score basiert zu gleichen Teilen auf Reichweite und Nutzungshäufigkeit sowie auf dem Informations- und Verständnisgewinn.
Die SRF-Tagesschau und Le Journal auf RTS erzielen die höchsten Impact-Scores, da sie sowohl eine hohe Reichweite aufweisen als auch vom Publikum als besonders informativ und verständlich wahrgenommen werden.
Der Impact-Score zeigt auf, welche Informationsmedien für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung zu politischen und wirtschaftlichen Fragen besonders bedeutsam sind. Insgesamt zeigt sich, dass die Sendungen und Angebote der SRG die Gesamtliste deutlich anführen. Sieben der zehn Informationsmedien mit den höchsten Impact-Scores stammen von RTS oder SRF. An der Spitze stehen die Tagesschau mit 88 Punkten und das französischsprachige Pendant Le Journal mit 85 Punkten. Mit einigem Abstand folgen die Sendungen 10 vor 10 (78 Punkte), die Newssites rts.ch/info (76 Punkte) und srf.ch/news (75 Punkte). Danach folgen das Echo der Zeit (66 Punkte) und das Mittagsmagazin Le 12h30 (64 Punkte). Zu den zehn einflussreichsten Medientiteln zählen des Weiteren die Tageszeitungen – Online wie gedruckt: die Neue Zürcher Zeitung (65 Punkte) und Le Temps (62 Punkte) sowie der Tages-Anzeiger (59 Punkte).
Die Politik- und Wirtschaftsberichterstattung der SRG-Sendungen haben von allen untersuchten Medienmarken und -sendungen den grössten gesellschaftlichen Einfluss. Sieben der zehn Informationsmedien mit den höchsten Impact-Scores stammen von RTS oder SRF.
Reichweiten und Nutzungshäufigkeit
Um die Reichweite, Nutzungshäufigkeit sowie den Informations- und Verständnisgewinn zu messen, wurden zusätzliche Elemente in die repräsentative Bevölkerungsbefragung des Medienqualitätsratings integriert. Die Datenerhebung wurde vom Schweizer Sozial- und Marktforschungsunternehmen DemoSCOPE durchgeführt. Insgesamt nahmen 3’630 Personen an der Befragung teil. Der Fragebogen war in deutscher und französischer Sprache verfügbar. Die Impact-Score-Studie wurde an der Universität Fribourg und der Hochschule Luzern entwickelt, durchgeführt und ausgewertet.
Eine detaillierte Beschreibung der Methodik finden Sie unter Methodisches Vorgehen.
Anmerkungen: Die Reichweite basiert auf dem weitesten Nutzerkreis, der angibt, wieviel Prozent der Bevölkerung ein Medientitel in einem bestimmten Zeitraum in der jeweiligen Landessprache erreicht hat. Französischsprachige Medientitel haben daher aufgrund der höheren Medienkonzentration in der Suisse Romande tendenziell eine höhere Reichweite.
Wie kommen die Werte des Impact-Scores zustande?
Der Impact-Score basiert auf der Annahme, dass zwei Faktoren die Stärke der Wirkung eines Medientitels auf die Meinungs- und Willensbildung in den Bereichen Politik und Wirtschaft beeinflussen:
- Erster Faktor: Impact durch Reichweite und Nutzungshäufigkeit
Politische und wirtschaftliche Berichterstattung kann nur dann Einfluss nehmen, wenn sie gelesen, gesehen oder gehört wird. Eine hohe Reichweite und Nutzungshäufigkeit sind daher entscheidend, um die Berichterstattung in das Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen und deren Aufmerksamkeit zu gewinnen. - Zweiter Faktor: Impact durch Informations- und Verständnisgewinn
Es reicht nicht aus, lediglich die Köpfe der Menschen zu erreichen. Die Berichterstattung muss auch dazu führen, dass die Menschen einen Informations- und Verständnisgewinn erfahren. Erst dann kann von einem gesellschaftlichen Impact gesprochen werden
Lesebeispiel: Die SRF-Tagesschau erzielt den höchsten Impact-Score, dank ihrer hohen Reichweite, der häufigen Nutzung und dem Informations- und Verständnisgewinn, den das Publikum ihr zuschreibt.
Die Ergebnisse nach Vergleichsgruppen
Tages- und Onlinezeitungen
In der Gruppe der Tages- und Onlinezeitungen zeichnen sich die Neue Zürcher Zeitung (65 Punkte) und Le Temps (62 Punkte) durch ihren hohen Impact aus. Beide Medienmarken erreichen in ihren jeweiligen Sprachregionen eine vergleichbare Reichweite und tragen überdurchschnittlich zum Informations- und Verständnisgewinn bei. Auch der Tages-Anzeiger (59 Punkte) und 24 heures (55 Punkte) weisen in diesem Segment ein ähnliches Profil auf. Obwohl Heidi.news im Medienqualitätsrating mit Rang 2 hervorragend abschneidet, bleibt der Impact aufgrund der geringen Reichweite im Vergleich zu anderen Titeln begrenzt.
Sonntagszeitungen und Magazine
Bei den Sonntagszeitungen und Magazinen steht die NZZ am Sonntag (58 Punkte) an der Spitze. Obwohl sie nicht über die höchste Reichweite und Nutzungshäufigkeit verfügt, trägt sie aus Sicht ihrer Leserschaft erheblich zum Informations- und Verständnisgewinn bei. Auch Die Weltwoche erzielt einen hohen Impact-Score (54 Punkte) durch ihren starken Informations- und Verständnisgewinn, wenngleich ihre Reichweite im Vergleich zur NZZ am Sonntag geringer ist. Die WOZ, die im Medienqualitätsrating als Qualitätssieger hervorgeht, schneidet in der Dimension Informations- und Verständnisgewinn ebenfalls gut ab, doch aufgrund ihrer geringeren Reichweite fällt ihr gesellschaftlicher Impact geringer aus (49 Punkte). Die höchsten Werte in der Dimension Reichweite und Nutzungshäufigkeit erreichen Le Matin Dimanche und die Sonntagszeitung, was ihnen ebenfalls einen hohen Impact verleiht.
Populärmedien
Die französischsprachige 20 minutes (56 Punkte) und die deutschsprachige 20 Minuten (49 Punkte) dominieren deutlich die Gruppe der Populärmedien. Diese Medienmarken zeichnen sich vor allem durch ihre weit überdurchschnittliche Reichweite und Nutzungshäufigkeit aus, während der Informations- und Verständnisgewinn als vergleichsweise gering eingeschätzt wird. Die französische Ausgabe des Blick erzielt zwar den höchsten Informations- und Verständnisgewinn in dieser Gruppe, hat jedoch in ihrer Sprachregion noch eine vergleichsweise geringe Reichweite.
Radio- und Fernsehsendungen
In der Gruppe der Radio- und Fernsehsendungen ist ein differenzierterer Blick auf die regionalen Nachrichtensendungen lohnend. An der Spitze steht das Journal von Léman Bleu (50 Punkte), das durch einen bemerkenswert hohen Wert beim Informations- und Verständnisgewinn überzeugt und damit sogar mit den SRG-Sendern konkurrieren kann. TeleZüri ist der Regionalsender mit der höchsten Reichweite und belegt in dieser Untergruppe den zweiten Platz.
Wie sind die Ergebnisse zu deuten?
Rankings aller Art, so wissenschaftlich fundiert ihr jeweiliges Vorgehen auch sein mag, sind stets mit Vorsicht zu interpretieren. Bei der Berechnung der Impact-Scores wurde beispielsweise keine Unterscheidung hinsichtlich des Verbreitungsgebietes getroffen – überregionale Medientitel werden zusammen mit regionalen Medientiteln bewertet.
Der Impact-Score soll dazu anregen, kritisch über die Verteilung der Medienmacht im Schweizer Mediensystem und in den verschiedenen Sprachregionen nachzudenken.
Obwohl es für jeden Medientitel erstrebenswert ist, einen hohen Impact zu erzielen, ist eine zu stark konzentrierte Medienmacht aus demokratietheoretischer Sicht problematisch. Im Idealfall sollten möglichst viele unterschiedliche Medien einen grossen Einfluss haben und dem Publikum durch vielfältige Berichterstattung einen echten Informations- und Verständnisgewinn bieten.
Zudem sollten Reichweiten und Nutzungshäufigkeit möglichst gleichmässig auf verschiedene Medientitel verteilt sein, damit die gesellschaftliche Vielfalt an Positionen und Meinungen angemessen repräsentiert wird.
Die einheitliche Bewertung ist einerseits eine Stärke des Impact-Scores, da die Wirkstärke der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung jedes Medientitels auf die gleiche Weise erhoben wurde. Dies ermöglicht eine direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Würde das jeweilige Verbreitungsgebiet in den Impact-Score einbezogen, wäre diese Vergleichbarkeit nicht mehr gewährleistet. Medientitel mit hoher Abdeckung in kleinen, eng abgegrenzten Verbreitungsgebieten würden zu hohe Werte erzielen, während Medientitel mit geringer Reichweite in Randgebieten zu geringe Werte bekämen.
Andererseits erfordert diese Gleichbehandlung Fingerspitzengefühl bei der Interpretation der Ergebnisse. Nur weil alle Medienmarken miteinander vergleichbar sind, bedeutet das nicht, dass jeder Vergleich sinnvoll ist. Um eine Analogie aus dem Sport zu verwenden: Ein Fussballspiel dauert überall 90 Minuten und die Regeln sind dieselben, doch während in der Nationalliga die besten Mannschaften gegeneinander antreten, messen sich kleinere Clubs in regionalen Ligen. Dennoch: Der Impact-Score ergänzt das Medienqualitätsrating und verdeutlicht den gesellschaftlichen Einfluss der Medien. Ein Vergleich der NZZ am Sonntag mit der Wochenzeitung WOZ zeigt den Mehrwert dieser Kennzahl: Während die WOZ im Qualitätsrating knapp besser abschneidet als die NZZ am Sonntag, macht der Impact-Score deutlich, dass die NZZ am Sonntag aufgrund höherer Reichweite, Nutzungshäufigkeit sowie ihres Beitrags zum Informations- und Verständnisgewinn einen grösseren gesellschaftlichen Einfluss hat.